Gelesen in "Handelsblatt", 25. Juni 2006
Von Rainer Reichel
Anno August Jagdfeld ist ein Phänomen. Obwohl er mit den geschlossenen Immobilienfonds seiner Fundus-Gruppe seit einiger Zeit eher negative denn positive Schlagzeilen produziert, kaufen ihm immer mehr Anleger seine Visionen ab.
Nach wie vor schafft es der Endfünfziger aus Düren auf Podien großer Immobilienkonferenzen. Dort erzählt der Liebhaber klassischer Literatur dem Auditorium mit freundlichem Lächeln und sanfter Stimme von seinem Spezialgebiet: Er erzählt, wie die deutsche Luxushotellerie funktioniert. Er erzählt von einem „Premium-Immobilienmarkt“, auf dem er und seine Anleger mit den Fünf-Sterne-Häusern Adlon in Berlin und Heiligendamm an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns angeblich ganz vorn mitspielen.
Doch immer weniger Anleger kaufen dem seriös wirkenden Immobilienkaufmann mit dem silber-grauen Haar seine Visionen ab. Fondsexperte Stefan Loipfinger schätzt, dass Fundus im vergangenen Jahr gerade mal 25 Millionen Euro Eigenkapital, also Anlegergeld, eingeworben hat - 1999 waren es noch knapp 200 Millionen Euro gewesen. Dabei benötigen gerade die beiden Fundus-Fonds Nr. 31 (Adlon) und Nr. 34 (Heiligendamm) frisches Geld, weil Kapitalerhöhungen nach Jahren nicht komplett platziert sind.
Wer die Ergebnisse der Fundus-Fonds studiert, hat auch eher das Gefühl, dass Jagdfeld lieber dem schönen Schein frönt, als sich mit unerfüllten Renditeversprechen herumzuquälen. So hadert Fundus nicht mit den eigenen Leistungen, sondern damit, dass sich „Qualität und Einmaligkeit“ der Fundus-Immobilien bei den Anlegern nicht mehr durchsetze.
Der Widerstand wächst
Prestige- statt Renditeobjekt? Der Widerstand gegen Jagdfelds Fondsmanagement wächst. Jüngstes Beispiel: Einzelne Anleger machen gegen seine Pläne mobil, die Finanzierung des Adlons neu zu strukturieren. Die Anleger sollen bis zum 24. Juni einem Konzept zustimmen, das auslaufende Kredite von mehreren Banken in einem Darlehen zusammenfasst und gleich auch noch bisher nicht platziertes Eigenkapital durch Fremdkapital, sprich Kredite, ersetzt. Ergebnis: Der Fonds würde riskanter, weil die Eigenkapitalquote von 70 auf 58 Prozent sänke.
Dabei weiß Jagdfeld sehr wohl, was es bedeutet, wenn Eigenkapital durch Fremdkapital ersetzt wird. Im Handelsblatt schreibt er am 18. Juli 1987 zu einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs: „Die Fondskonstruktion ist daran gescheitert, dass nur circa 40 Prozent des erforderlichen Eigenkapitals des Fonds platziert werden konnten und aus diesem Grunde die Initiatoren bei der Fondsdurchführung durch die Aufnahme von zusätzlichen Fremdmitteln die finanziellen Grundlagen des Beteiligungsangebots außer Kraft setzten.“ So wenig Eigenkapital wird der Adlon-Fonds zwar nicht haben, aber für Anleger, die das Adlon als reine Eigenkapital-Anlage gezeichnet haben, verändert sich die „finanzielle Grundlage“ doch sehr.
Stimmen die Anleger zu, braucht Jagdfeld die erst im vergangenen Jahr bis Ende 2010 verlängerte Garantie, nicht bei Anlegern eingeworbenes Eigenkapital aus eigener Tasche zu ersetzen (Platzierungsgarantie), nicht mehr zu erfüllen. Und was für ihn noch schöner ist: Die kassierten Vergütungen für die Garantie darf er behalten. Als Gegenleistung will er auf eine „marktübliche Provision“ für die Vermittlung der Umfinanzierung verzichten. Kommentar eines Anlegers in einem Internetforum: „Die Abwicklung der Finanzierung gehört für mich zur Ausübung der Geschäftsführung. Wieso sollte Fundus hierfür eine Vermittlungsprovision zustehen?“ Doch Jagdfeld wäre nicht Jagdfeld, wüsste er die Aktion nicht noch ausdrücklich als Wohltat für die Anleger zu verkaufen. Schließlich verzichte seine Jagdfeld & Partner Steuerberatungsgesellschaft als Treuhänderin des Anlegergeldes auf Einnahmen.
Für Fondsexperte Loipfinger sind das Ausflüchte: „Anno August Jagdfeld nutzt die Umfinanzierung mit fragwürdigen Argumenten dazu, sich selbst aus einer Platzierungsgarantie zu befreien.“ Anlegern, deren Geld im Aachener Quellenhof, dem Fonds Nr. 33, steckt, kommt das Manöver bekannt vor. Dort hätte Fundus Ende 2004 ebenfalls für nicht platzierte Anteile geradestehen sollen. Die Garantie, die Schonfrist, wurde verlängert - mit 90 Prozent der Gesellschafterstimmen, wie Fundus berichtet.
Doch wie beim Quellenhof taucht nun auch beim Adlon das Gerücht auf, Jagdfeld sei gar nicht in der Lage, die Garantien einzulösen. „Deutlich wird, dass Ihnen das Wasser bis zum Hals steht“, schreibt Adlon-Investor und Quellenhof-Beiratsmitglied Thomas Kunze an Jagdfeld. Der Angegriffene kontert: „Fundus hat in über 30 Jahren 800 Projekte mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro realisiert. In dieser Zeit sind Garantien über mehrere Milliarden Euro abgegeben und eingehalten worden. Unternehmen der Fundus-Gruppe droht keine Insolvenz.“
Auch wenn Fondsexperte Loipfinger Anlegern rät, „Jagdfeld keineswegs aus der Platzierungsgarantie zu entlassen“, stehen die Chancen gut, dass er sich auch diesmal zum eigenen Vorteil durchsetzt. Auch wenn das Neugeschäft nicht mehr läuft, so hat der charismatische Jagdfeld seine mehr als 50 000 bisherigen Anleger noch immer um den Finger gewickelt.
Dass das Adlon heute nachfinanziert werden muss, ist auch Folge früherer Erweiterungen - etwa 1999 um das Palais. Damals schluckten die Anleger dessen schlüsselfertige Erstellung für rund 65 Millionen Euro durch die Bredero Projekt Berlin GmbH - eine Jagdfeld-Firma. Über die Margen wurde nichts bekannt. „Bei diesem Preis müssen in jedem Badezimmer goldene Wasserhähne hängen“, kommentierte Fundus-Kritiker Loipfinger Jagdfelds Preisgestaltung. Der Ausbau muss auch als Entschuldigung für die verfehlten Ausschüttungen herhalten.
Da mögen die Worte von Martina Fidlschuster, Chefin der Hotelberatungsfirma Hotour, die Adlon-Anleger ein wenig trösten: „Wenn in Luxushotels allein aus Renditegründen investiert würde, wäre noch nie eines gebaut worden.“