Gelesen in "AHGZ Allgemeine Hotel- und Gaststätten-Zeitung", 26. September 2006
VON RÜDIGER RÜSTER
Wie hoch der Burj Dubai exakt werden soll, ist ein gut gehütetes
Geheimnis. Sicher ist, dass der zirka eine Mrd. Dollar teure
Gebäuderiese nach seiner Fertigstellung mit mehr als 700 Metern Höhe
und 160 Stockwerken das höchste Bauwerk der Welt sein wird. Derzeit
sind die Bauarbeiter bei mehr als 70 Etagen angelangt. Besuchern des
Burj Dubai, die 2008 von der höchsten Aussichtsplattform der Welt einen
Blick auf das Emirat werfen können, wird alles andere als eine Fata
Morgana zu Füßen liegen. Es ist eine reale Welt der Superlative.
„Höher, teurer, extravaganter und luxuriöser“, lautet die Devise.
Eine
Welt, in der es auch für Tourismus und Hotellerie keine Grenzen mehr zu
geben scheint. Ob an Land, über oder unter Wasser: Die Emirate am
Persischen Golf sind eine Spielwiese für Investoren, Projektplaner und
Architekten.
Waren es in den 60er und 70er Jahren des vorigen
Jahrhunderts Ölfördertürme, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten
(VAE) in die Höhe schossen, recken sich heute immer neue Büro- und
Hoteltürme in den Himmel – insbesondere in den beiden größten der
sieben Emirate: Dubai und Abu Dhabi. Dort haben die Scheichs längst
erkannt, dass die Reserven des „schwarzen Goldes“ begrenzt sind.
Weitgehend erschöpft sind die Ölvorkommen in Dubai. Diese reichen noch
bis maximal 2030. Besser hat es Abu Dhabi. Die Ölquellen dort sprudeln
noch – Experten schätzen zirka 40 Jahre. Dank Petro-Dollars
positionieren sich die beiden Emirate wirtschaftlich neu und wollen zum
weltweit größten Zentrum für Handel, Finanzen, Tourismus und Medizin
avancieren.
Schon heute hat Dubai ein Wirtschaftswachstum, von
dem europäische Staaten träumen. Das Department of Economic Development
bezifferte die Wachstumsrate 2005 auf 16 Prozent. Die Gründe für diesen
Boom sind vielfältig: Es gibt für Investoren wenig Vorschriften, die
den Wirtschaftsverkehr beschränken. Die Umweltschutzauflagen sind
gering, eine Kontrolle der Finanzen und des Geschäftsverkehrs findet
kaum statt.
Tourismus boomt
Zudem gilt Dubai als
Steuerparadies: Es werden keine direkten Steuern erhoben,
Unternehmenssteuern sind auf wenige Branchen beschränkt, indirekte
Steuern sind niedrig. In den Freihandelszonen erhalten Investoren eine
für 20 Jahre garantierte Steuerfreiheit.
Ein Wachstumsmarkt
ist der Tourismus. So verzeichnete Dubai im ersten Quartal 2006 zirka
1,7 Mio. Hotelgäste. Das waren 7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Die Zahl der Hotels und Apartment-Hotels stieg von 379 im ersten
Quartal 2005 auf 410 im gleichen Zeitraum 2006 an. Überdurchschnittlich
auch die Belegungsrate: Sie lag in den ersten drei Monaten des Jahres
bei 82,1 Prozent. Im Jahr 2010 erwartet das Emirat bereits 15 Mio.
Touristen.
Die Besucher Dubais finden auf engstem Raum eine
Hotelszenerie vor, die auf der Welt ihresgleichen sucht. Das
Hotelverzeichnis liest sich wie das „Who is Who“ der internationalen
Luxushotellerie: Fairmont, Hilton, Hyatt, InterContinental, Kempinski,
Le Méridien, Metropolitan, Radisson, Marriott, Ritz-Carlton,
Renaissance, Sheraton, Sofitel, Taj Palace – fast alle Gesellschaften
drängen an den Golf.
Längst partizipieren auch landeseigene
Hotelgesellschaften am Geschäft. Zum Portfolio der seit 1997
bestehenden Luxushotelgruppe Jumeirah zählen das renommierte Burj Al
Arab, das Jumeirah Beach Hotel, das Jumeirah Emirates Towers, der
Jumeirah Beach Club & Spa, das Resort Madinat Jumeirah sowie das
Wüstenresort Jumeirah Bab Al Shams Desert Resort & Spa. Ebenfalls
ihren Sitz in Dubai hat die Gruppe Jebel Ali International. Sie
betreibt unter anderem das Jebel Ali Golf Resort & Spa mit dem
Jebel Ali Hotel und dem Suiten Hotel Palm Tree Court & Spa. Mit
Emirates Hotels&Resorts hat die Fluggesellschaft der VAE jüngst
eine eigene Hotelgesellschaft ins Leben gerufen. Spektakulärstes
Projekt ist das Emirates Park Towers Hotels & Spa – zwei
77-stöckige Zwillingstürme von 395 Meter Höhe. Die Fertigstellung des
490 Mio. Dollar teuren Hotels ist für 2010 geplant.
Es ist wie
ein Sog: Wer noch nicht in den Emiraten ist, muss hin. „Wir sehen in
Dubai und den übrigen Vereinigten Arabischen Emiraten ein großes
Potenzial im höherwertigen Hotelbereich“, sagt Karl J. Pojer,
Tui-Bereichsvorstand Hotels & Resorts. Der deutsche Reiseriese wird
spätestens 2008 erstmals mit der Clubmarke Robinson und der Hotelmarke
Iberotel am Golf vertreten sein.
Rezidor hat sich mit Radisson
SAS Hotels in Bahrain, Kuwait, Dubai, Sharjan, im Libanon, in Saudi
Arabien und im Oman Standorte gesichert. „Diese Region ist jung,
engagiert und aufstrebend“, sagt Christiane Reiter,
PR-Regionaldirektorin von Rezidor. Ehrgeizige Projekte ließen sich in
einem „spannenden Umfeld“ schnell entwickeln. „Dies entspricht exakt
unserer Expansionsphilosophie“, betont Reiter. So wird im Wohnviertel
Dubai Marina 2008 das Radisson SAS Pier 24 Residence eröffnen. Ein
Luxushotel der Marke Regent folgt Anfang 2010. Und wenn Rezidor 2007
mit der Lifestyle-Marke Missoni Premiere feiert, werden zwei der drei
ersten Hotels in Kuwait und Dubai Gäste empfangen. Eine Hotelgruppe,
die sich in der Region stark engagiert, ist Mövenpick. Derzeit befinden
sich acht Hotels und Resorts in den VAE in Bau. Bis Ende 2008 entstehen
knapp 3000 neue Zimmer und 55 F&B-Outlets. Andreas Mattmüller,
Senior Vice President von Mövenpick, hat keine Angst vor
Überkapazitäten: „Die VAE besitzen ein riesiges Zukunftspotenzial und
langfristig großes Wachstum.“
Künstliche Inseln entstehen
Bei
diesem Bauboom wird es an der nur 70 Kilometer langen Küste Dubais
langsam eng. Deshalb werden künstliche Inseln geschaffen. Drei „Palmen“
(Jumeirah, Jebel Ali und Deira) wachsen ins Meer. Als erste wird die
fünf mal fünf Kilometer große The Palm, Jumeirah fertig sein. 2000
Villen,40 Top-Hotels, Einkaufszentren, Kinos und Yachthäfen entstehen
dort. Die ersten Hotels werden Ende 2006/Anfang 2007 öffnen, darunter
ein Hilton, das Mövenpick Oceana, ein Taj Exotica Resort & Spa
sowie in einer ersten Stufe das 1000 Zimmer große Atlantis. Im Bau
befindet sich auch das Kempinski Palm Jumeirah Residence.
Neun
mal sechs Kilometer groß ist die Inselgruppe The World. 2008 sollen die
ersten Hotels bezugsfertig sein. Ein weiteres futuristisches Projekt
entsteht in 20 Meter Meerestiefe: Hydropolis. 220 Suiten bietet das
erste Unterwasserhotel der Welt. Damit gehe der „Menschheitstraum, im
Meer zu leben und dieses zu entdecken, in Erfüllung“, sagt der deutsche
Architekt Joachim Hauser.
Größtes Projekt ist jedoch Dubai
Waterfront. 750.000 Menschen sollen hier einmal eine Heimat finden. Auf
einem 75 Kilometer langen Kanal werden Schiffe durch die Wüste fahren.
Bereits 2008 wird der Vergnügungspark Dubailand eröffnet. Mit
Saurierpark, Regenwald, dem weltgrößten Einkaufszentrum Mall of Arabia
und einer Sports City wird Dubailand doppelt so groß sein wie
Disneyland in Florida.
Abu
Dhabi steht dem Nachbarn um nichts nach. Auch im größten Emirat der VAE
werden neue Projekte aus dem Wüstenboden gestampft.