Quelle: bfai / Autor: Gerit Schulze
Investoren kündigen zahlreiche Großvorhaben an / Moskau mit höchsten Übernachtungspreisen in Europa
Hotels bleiben in Russland eine wahre Goldgrube. Die Zimmererträge in Moskau sind europäische Spitze. Zur Jahresmitte 2008 wurden durchschnittlich fast 400 US$ verlangt. Trotzdem ist die Auslastung hoch und die Nachfrage oft größer als das Angebot. Investoren und Hotelbetreiber drängen daher verstärkt auf den russischen Markt. Die meisten Projekte sind in den Regionen geplant.
Hotelbauten sind für Developer und Investoren eines der attraktivsten Geschäftsfelder im russischen Immobiliengeschäft. Kein Wunder, denn an den wichtigsten Standorten Moskau und Sankt Petersburg werden traumhafte Zuwächse bei Zimmererträgen und Auslastungsraten erzielt. Laut STR Global HotelBenchmark Survey lag der durchschnittliche Zimmerpreis in Moskau in den ersten vier Monaten 2008 bei 255 Euro, die Belegungsquote bei 65%. Bei den Übernachtungspreisen ist Moskau damit schon jetzt die Nummer eins auf dem Kontinent (Paris: 229 Euro, London 158 Euro, Berlin 89 Euro). Nur bei den Erträgen je Zimmer (Kennziffer RevPar) hat Paris noch die Nase vorn. An der Seine nehmen die Hoteliers mit jedem Zimmer täglich 173 Euro ein, an der Moskwa wurden 164 Euro ermittelt.
Noch weit unter Moskauer Niveau, wenngleich mit hohen Wachstumsraten, liegen die Hotelpreise in Russlands zweiter Hauptstadt Sankt Petersburg. In der Newametropole kostete ein Zimmer im Zeitraum Januar bis April 2008 durchschnittlich 107 Euro. Die Auslastung lag bei 51%. Dafür stiegen die Erträge je Zimmer in dieser Periode um 36% auf 54 Euro und haben damit das deutsche Durchschnittsniveau erreicht.
Ein Programm der Sankt Petersburger Stadtverwaltung sieht bis 2010 den Bau von rund 10.000 Hotelzimmern vor. Derzeit befinden sich etwa 100 Hotels mit über 9.300 Zimmern in der Projektierungs- oder Bauphase, für weitere 73 Häuser mit 6.000 Zimmern laufen die Genehmigungsverfahren. Über das kommunale Internetportal Hotelinvest.ru können geplante und aktuell realisierte Bauvorhaben recherchiert werden.
In Moskau liegt die Amortisationszeit für Investitionen in Hotelbauten derzeit bei fünf bis sieben Jahren, während in Europa zehn bis zwölf Jahre üblich sind, betonen Marktkenner. In den nächsten fünf Jahren sollen daher rund 8.000 neue Hotelzimmer in der Stadt entstehen, in der nach wie vor ein enormes Defizit an qualitativen Übernachtungsmöglichkeiten herrscht.
Auf der anderen Seite schrecken langwierige Genehmigungsverfahren, der Mangel an attraktiven Standorten und hohe Bau- und Personalkosten in Moskau Investoren allmählich ab. Stattdessen rücken die Regionen des weiten Landes ins Visier der Projektentwickler und Hotelbetreiber.
Neben der künftigen Olympiastadt Sotschi entwickelt sich das Gebiet Kaliningrad immer mehr zu einem attraktiven Standort für Hotelneubauten. Zwar trägt der Tourismus erst 2% zur regionalen Wirtschaftsleistung bei. Doch Russlands westlichster Vorposten mit seinen alten Seebädern will sich zunehmend als Erholungs- und Wellness-Standort profilieren. Insgesamt gibt es in der Oblast derzeit erst 85 Hoteleinrichtungen mit insgesamt 4.500 Betten. Im Frühjahr 2008 hatte Betreiber Heliopark ein erstes Vier-Sterne-Haus in Kaliningrad eröffnet ("Kaiserhof Hotel & Spa").
Die ADG Group (www.adggroup.ru) plant in Kaliningrad zwei neue Hotels mit 180 bzw. 276 Zimmern. Das Development-Unternehmen setzt stark auf die russischen Regionen und soll bereits Grundstücke in Kemerowo, Lipezk, Orenburg und Nischni Nowgorod für weitere Hotelprojekte erworben haben. Insgesamt sind Investitionen von 300 Mio. $ vorgesehen. Als Betreiber für die Herbergen ist die Rezidor Hotel Group im Gespräch.
Das Unternehmen Nowaport, das Flughäfen wie Nowosibirsk, Tscheljabinsk, Barnaul oder Tomsk verwaltet, will an seinen Airports jeweils Hotels mit 160 bis 170 Zimmern errichten. Sie sollen von der Azimut Hotels Company (www.azimuthotels.ru) betrieben werden.
Rund um die großen Bahnhöfe des Landes will Russlands Eisenbahngesellschaft RZhD über die Development-Tochter Zheldoripoteka (www.zdi.ru) Drei-Sterne-Hotels errichten lassen. Insgesamt sollen innerhalb von zwei Jahren 1.500 Zimmer entstehen. Wie russische Zeitungen berichten, wären dafür Investitionen von 225 Mio. $ nötig. Als erste Standorte wurden Sotschi, Samara, Tscheljabinsk, Jekaterinburg, Surgut, Astrachan und Jaroslawl genannt.
Russlands größte Tourismusholding Intourist will zusammen mit dem Hotelbetreiber International Hotel Investments Plc aus Malta (Corinthia Group, www.corinthiacorporate.com) ein Netz von Vier- und Fünf-Sterne-Häusern bauen. Dafür sollen bis 2011 rund 330 Mio. $ investiert werden. Geeignete Grundstücke werden derzeit in Sotschi, Nowosibirsk, Nischni Nowgorod, Rostow-am-Don, Moskau und Sankt Petersburg gesucht. Weitere ambitionierte Ziele hat Intourist im Drei- und Vier-Sterne-Bereich. Hier sind 55 Herbergen in den russischen Millionenstädten geplant sowie fünf große Häuser im so genannten Goldenen Ring historischer Städte rund um Moskau.
Die Moskauer AFI Development (www.afi-development.ru) gab den Um- und Neubau von vier Hotels am Rande des Kaukasus für über 100 Mio. $ bekannt (drei in Kislowodsk, eines in Schelesnowodsk). Dabei setzt das Unternehmen vor allem auf Wellness-Konzepte.
Zusammen mit dem Moskauer Developer Makromir will die britische Hotelgruppe Whitbread PLC in den russischen Millionenstädten eine Hotelkette unter dem Label "Premier Inn" aufziehen. Wie die Zeitung RBK Daily berichtete, umfasse das Vorhaben mindestens 15 Drei-Sterne-Häuser mit jeweils 200 Zimmern in Städten wie Nischni Nowgorod, Jekaterinburg, Perm, Moskau und Sankt Petersburg.
Die finnische Gruppe Sokos Hotels will bis 2016 in Russland 13 Hotels betreiben. Aktuell laufen drei Projekte in Sankt Petersburg. Daneben sind Häuser in Moskau und anderen Städten geplant. Experten schätzen die nötigen Investitionen auf über 800 Mio. $.
Auch im Luxussegment gibt es neue Projektankündigungen. Ein Kempinski-Hotel baut Energogarant-Kapitalstroi (www.egcs.ru) bei Mytischtschi in der Moskauer Oblast. Die Bauarbeiten an dem 200 Mio. $ teuren Vorhaben sollen im 1. Quartal 2009 beginnen. Zu dem Vorhaben gehören neben dem Luxushotel mit Spa-Center auch 50 Apartments, 40 Villen und ein Yachthafen. Ebenfalls ein Kempinski-Hotel soll bis 2012 in Nowosibirsk entstehen, teilte die dortige Gebietsverwaltung mit.
Auf fünf Sterne setzt auch die Unternehmensgruppe Savva. In fünf Städten entlang der Wolga (Nischni Nowgorod, Samara, Wolgograd, Saratow und Tscheboksary) errichtet die Holding über die Tochter Wolgastroigrupp (www.vs-realty.ru) insgesamt rund 800 Zimmer der Luxus-Klasse. Bislang gibt es in dieser wichtigen Wirtschaftsregion überhaupt keine Fünf-Sterne-Hotels nach westlichen Standards.
Gleich 1,5 Mrd. $ will die Sovereign Hospitality Holdings aus Kuwait in die Hand nehmen, um Hotels in Russland errichten zu lassen. Einzelheiten sollen Ende 2008 bekannt gegeben werden.
Ein Großvorhaben des Moskauer Hotelbetreibers OOO Soft-Projekt zusammen mit City Developments aus Singapur wurde Mitte August 2008 bekannt. Beide Unternehmen wollen bis 2012 fünf neue Hotels mit insgesamt 1.500 Zimmern bauen (unter den Labels "Iris Congress Hotel" und "Gold Orchard Hotels"), berichtete die Tageszeitung Kommersant. Experten schätzen die nötigen Investitionen auf über 200 Mio. $.
Schwung in den russischen Hotelbau bringen neben den genannten Vorhaben auch die Vorbereitungen auf die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, die Einrichtung von Glücksspiel-Sonderwirtschaftszonen am Asowschen Meer ("Asow-City"), im Gebiet Kaliningrad ("Jantarnaja"), im Altai ("Sibirskaja Moneta") sowie im Fernen Osten bei Wladiwostok. Außerdem werden derzeit sieben Tourismus-Sonderwirtschaftszonen gebildet: in den Gebieten Burjatien und Irkutsk (Baikalsee), Stawropol (Heilbad Grand Spa Jutsa), Krasnodar (Schwarzmeerküste), in der Republik Altai (Gebirgstourismus, Extremsport) und bei Kaliningrad (Ostseeküste). In diesen Regionen könnte der Hotelbau in den kommenden Jahren besonders boomen.